Dienstag, 9. Juni 2020

Bücherwelten: Yaşar Kemal „Der Wind aus der Ebene“

Der kurdisch-türkische Autor war lt. wikipedia einer der bedeutendsten zeitgenössischen Romanciers der Türkei. Das gelesene Buch erschien im Original (orig.: Ortadirek) vor 60 Jahren. 

Die Geschichte handelt in weiterem Sinne von einem Dorf in der südöstlichen Türkei, dessen Bewohner unter Leitung des Dorf-Amtsmannes jedes Jahr mit Sack und Pack und Tieren durch das Taurus-Gebirge in die fruchtbare Schwemmebene der Çukurova ziehen, um sich dort als Baumwollerntehelfer_innen zu verdingen. Der Amtsmann ist offensichtlich korrupt, führt er das Volk doch immer zu den kargen Feldern eines Gutsbesitzers und kassiert dafür von diesem Schmiergeld, während die Dörfler kaum etwas ernten können. Ein Gutteil des Romans behandelt diesen Konflikt während der etwa 2-wöchigen Wanderung und die aufkommende Revolte der Dörfler, die der Amtsmann – wie immer - mit guten Worten, Drohungen und Versprechungen unterbinden kann. 

Der Hauptteil des Romans ist jedoch auf eine Familie mit Vater, Mutter, zwei kleineren Kindern sowie deren Großmutter und einem alten Mann herunter gebrochen. Diese Gruppe gehört auch zum Tross, doch der Esel ist alt und da die alten Menschen kaum noch laufen können, reiten sie - in Hass vereint - auf dem Esel. 

Irgendwann, vielleicht auf der Hälfte des Weges, ist der Esel dann jedoch tot – und von da an wird die Reise zu einer unbeschreiblichen Tortur, bei der der Ehemann die alte lamentierende Mutter häufig zurücklassen bzw. auf dem Rücken mitschleppen muss. 

Der Roman ist sehr „intensiv“, schildert sowohl die Natur und die Naturgefahren (wozu Wölfe, Unwetter, Feen, Räuber etc. gehören) als auch die Gedanken der Menschen, die von Hassliebe, Neid, Armut, Allah, Mystik und Märchen geprägt sind. 

Ein gutes Buch, das sehr archaisch wirkt. Die Çukurova ist aber immer noch das größte Baumwollanbaugebiet der Türkei.

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