Samstag, 23. Januar 2021

Bücherwelten: Jack London's „Die Insel Berande“

Die wahre Aufgabe eines Menschen ist es zu leben, nicht nur zu existieren“ (Jack London). 

Das könnte gut zur Corona-Pandemie passen, ist als Zitat aber viel älter. 

Seid ihr Länder-Sammler und schon mal auf den Salomonen gewesen? Ich nicht. 

Der US-amerikanische Schriftsteller und Abenteurer Jack London war trotz ärmlicher Kindheit schon vor über 100 Jahren dort. Er lebte von 1876 – 1916, wurde also nur 40 Jahre alt, aber im Jahr 1900 wurde er mit seiner Erzählung „Eine Odyssee des Nordens“ reich und berühmt. Zu seinen Lebzeiten war Jack London lt. wikipedia der erfolgreichste Autor der Welt. Seine bekannteren Werke werden auch heute noch aufgelegt. 

Im Dezember sah ich den für das TV unter der Regie von Wolfgang Staudte inszenierte 6-stündige Vierteiler „Der Seewolf“ von 1971 – vermutlich erstmals. Er hat mein Interesse an Jack London geweckt. 

Der Roman „Die Insel Berande“ (orig.: „Adventure“, 1911) gehört nicht zu Londons bekannteren Werken. Ich habe das Buch im letzten Jahr aus der Erbmasse meines Vaters gerettet. 

Ob es die Insel wirklich gibt, entzieht sich meiner Kenntnis. Der Roman spielt aber auf dem heutigen Staatsgebiet der Salomonen, die zurzeit Jack Londons britische Kolonie waren. Hauptinsel ist Guadalcanal, die im Roman – ebenso wie Malaita - auch häufiger genannt wird. 

Von 1907-1909 war der Autor mit seiner Frau 24 Monate per Schiffen vorwiegend in der Südsee unterwegs. Auf den Salomonen wurde er jedoch sehr krank, weshalb die geplante 7-jährige Weltreise dort praktisch ihr Ende fand. Sie steuerten danach Australien an, wo der Autor 5 Wochen im Krankenhaus war. Mit einem Kohlendampfer kamen sie viel später zurück in die USA. Sein früher Tod kann auch mit den Krankheiten dieser Reise und ihrer Behandlung zusammenhängen, die genaue Todesursache ist jedoch nicht sicher geklärt. 

Das Buch erzählt von einem britischen Farmer, der mit einem Teilhaber sein Glück auf der Insel Berande versucht. Sie lassen Kokospalmen, aber auch Getreide, anbauen. Mehrere Dutzend Kontraktarbeiter von den benachbarten Inseln leben in sklavenähnlichen Verhältnissen auf der Farm. Als der Teilhaber stirbt, kommt der Farmer in finanzielle und organisatorische Schwierigkeiten. Doch eines Tages muss eine attraktive US-Amerikanerin mit ihrer hawaiischen Bootsbesatzung auf der Insel notlanden. Sie wird seine neue Teilhaberin und krempelt das Leben auf der Farm um. 

Ein Großteil des Buches handelt in seinen Dialogen Vorurteile und Rollenverständnis zwischen Mann und Frau ab. Diese Teile wirken heute antiquiert, mehr nach 50er-Jahre-Diskussionen. Inwieweit die Buchübersetzung von 1927 da mitspielt, entzieht sich natürlich meiner Kenntnis, aber vermutlich spielt dies nicht die große Rolle. Wichtig ist vielmehr, dass sich die Frau im Roman mit ihren Fähigkeiten durchsetzt. 

Das Buch erzählt viel vom Leben auf der Farm, die gelegentlich von anderen Seglern und Nachbarn besucht wird. Hierarchie und Rassismus bestimmen den Tagesablauf. 

Am interessantesten sind aus meiner Sicht jedoch die Kapitel einer Expedition ins bewaldete, bergige Innere der Insel, die den Zweck hatte, die Mitglieder einer anderen Expedition zu finden, die dort Wochen zuvor auf Goldsuche gehen wollte. Nach einem kleineren Scharmützel kommen sie in ein Dorf zu einem „Beinhaus“, in dem die Köpfe der Expeditionsmitglieder geröstet werden. Die Einwohner waren geflohen, das Dorf wird niedergebrannt. 

Die Kopfjagd damals in den Gegenden dort kann als erwiesen gelten, beim angenommenen Kannibalismus der indigenen Bevölkerung bestehen vielfach weltweit Zweifel. Hier kommt es auf Quellenkritik an, denn häufig haben Missionare, Entdecker und Schriftsteller vielleicht nur rassistische Vorurteile gehabt und Fake News gestreut. In Jack London's Buch werden die Einwohner der Salomonen häufig Kannibalen genannt, aber beschrieben wird Kannibalismus im Buch nicht. 

Als Schriftsteller konnte sich Jack London wahrscheinlich auf ältere Quellen berufen. In Meyers Großes Konversations-Lexikon, Leipzig 1909, heißt es beispielsweise: 

Die Bewohner, deren Zahl man auf nur 200.000 schätzt, sind Melanesier, wohnen in Dörfern, treiben Ackerbau, stehen unter Häuptlingen, sind aber dem Kannibalismus ergeben und bekriegen sich fortwährend untereinander.“  

Das Lexikon zitiert auch Herrn Ribbe's 1903 veröffentlichtes Buch „Zwei Jahre unter den Kannibalen der Salomo-Inseln“. Aber auch diese Quellen müssten natürlich einer intensiveren Quellenkritik unterzogen werden. 

Reiseplanung? 

Es gab Zeiten, die noch nicht sooo lange her sind (vor 2020), da konnte man ohne viel Bürokratie in vielen Teilen der Welt herumreisen, einen gültigen Reisepass vorausgesetzt. Auch für das Land Salomonen, das erst seit 1978 unabhängig ist, bedurfte es keines Visums, man konnte also - formell einfach - z.B. die Flüge dorthin im I-Net buchen und konnte sicher sein, hereinzukommen – jedenfalls wahrscheinlich mit Flugzeug von Brisbane/Australien aus. 

Tja, das habe ich versäumt, auch weil es weit weg ist. In 2018 stand das Land auf Platz 7 der am wenigsten bereisten Länder der Welt. Es gab ethnische Konflikte um die Jahrtausendwende, es gibt Kriminalität, infrastrukturell sind die Inseln kaum erschlossen. Vermutlich ist es noch ein vergleichsweise abenteuerliches und ein strapaziöses Ziel sowieso. 

Landschaftlich dürfte es wohl lohnen. Es ist tropisch, es gibt mehrere über 100 km lange Inseln, viele kleinere Inseln und hohe Berge. 

Den Daten über Corona-Infektionen sollte man wohl eher nicht trauen. Zurzeit besteht sowieso eine Corona-bedingte Einreisesperre. Schaut selbst bei www.auswaertiges-amt.de.

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